
Kopernikus und der Passauer Planetenpfad
Geographie befasst sich mit irdischen Phänomenen allerlei Art, und der Fokus richtet sich auf das, was auf der Erde passiert. Was in der Erde geschieht, teilt die Geographie mit der Geologie. In seltenen Momenten erweitert die Geographie die Perspektive auf das, was sich außerhalb der Erde – extraterrestrisch – zuträgt, und so war es auch, als Gunter Langenbach, Initiator des Passauer Planetenpfads, GeoComPass, der Geographischen Gesellschaft Passau eine Führung durch die Weiten unseres Planetensystems und darüber hinaus antrug. Fast zwei Dutzend Gäste erwanderten am Abend des 5. Mai den Passauer Planetenpfad entlang des linken Innufers, von der Ortsspitze bis in den Bereich des Innstegs und der Universität Passau, wo zwar die Exkursion endete, der thematische Weg mit Uranus und Neptun aber noch ein langes Stück bis auf die Höhe der Staustufe Ingling weiterführt. Die in einem Maßstab von 1 : 1.000,000.000 (also eins zu einer Milliarde) dargestellten Planeten und ihrer Abstände führen die astronomischen Dimensionen auf ein anschauliches Maß zurück. Unsere Erde schrumpft in dieser Größe auf den Durchmesser eines Kügelchens von gerade einmal 1,27 cm – in einer Entfernung von 150 m von der Position der Sonne an der Ortsspitze. Weitere Vergleiche in diesem Maßstab durch Gunter Langenbach erstaunten das Publikum: So wäre unsere „Nachbar“-Sonne, Alpha Centauri, auf dem Passauer Planetenpfad erst in einer Entfernung von 40.000 km – also gleichsam einmal um die Erde – zu finden. Nachbarn im Weltall liegen also komplett andere Dimensionen zugrunde. Das Weltall bildet vor allem eine große Leere, obwohl allein unsere Galaxie aus 100 Milliarden Sternen besteht: schwindelerregende Vorstellungswelten, die sich dem Publikum hier auftaten.
Das i-Tüpfelchen des Rundgangs mit Gunter Langenbach gab es bereits, bevor die Gruppe auf die Umlaufbahn des Planetenpfads einschwenkte. Der größte Schatz der Staatlichen Bibliothek Passau ruht normalerweise im Tresor, den ihr Leiter, Dr. Markus Wennerhold, für die astronomiekundigen und vom Weltall faszinierten Gäste öffnete. Zum Vorschein kam ein seltenes Exemplar des Buches „De Revolutionibus“ von Nikolaus Kopernikus in einer Erstausgabe von 1543 – eines von nur 277 Büchern, die von der ersten Auflage des wahrlich revolutionärsten Werks weltweit erhalten geblieben sind. Kaum ein Buch hat die Welt so erschüttert und verändert wie Kopernikus‘ Betrachtungen der planetaren Umlaufbahnen. Sein in Nürnberg gedrucktes Werk hat die Vorstellung der Menschen von Himmel und Erde gleichsam auf den Kopf gestellt. Beeindruckend, in welch gutem Erhaltungszustand es nach fast 500 Jahren unscheinbar in den Händen Dr. Wennerholds liegt, und beeindruckend auch, welch verändernde Geisteskraft von ihm seinen Ausgang nahm – die kopernikanische Wende.

Beitragsbild: Dr. Markus Wennerhold (re.) präsentiert das Buch „De Revolutionibus“ (Erstausgabe 1543) von Nikolaus Kopernikus vor staunenden Augen sowie: die berühmteste Seite aus diesem Buch (Bildnachweis: Werner Gamerith)